Auf Grönland herrschen im Vergleich zu Deutschland 4 Stunden Zeitverschiebung. Entsprechend gejatlagt ;) standen wir am nächsten morgen um 8 Uhr grönländischer Zeit,also gefühlt 4 Uhr, auf. Während wir völlig verquollen unser Frühstücksbrot mampften, schritt die Zeit unbarmherzig schnell voran, sodass wir schließlich ziemlich überstürzt -und eine Viertelstunde später als geplant - zum ersten offiziellen Termin der Reise aufbrachen. Unser Ziel war die Universität in Nuuk, Ilisimatusarfik.
Der Fußmarsch durch die Stadt dauerte länger als erwartet und so zeichnete sich bald ab, dass wir wohl zu spät zum Termin kommen würden. Da die meisten Handys auf Grönland nicht funktionierten - nur mit D1 kann man auf das Netz von Tele Greenland zugreifen - konnten wir auch nicht Bescheid sagen. Unsere Gesprächspartner zeigten sich aber zum Glück verständnisvoll und empfingen uns überaus freundlich: Das halbe Kollegium schien da zu sein und schüttelte jedem einzelnen Exkursionsteilnehmer die Hand. Sie alle begleiteten uns den ganzen Vormittag. Später kam mir der Gedanke, was wohl die Studenten in dieser Zeit taten - schließlich war ja ein Großteil ihrer Dozenten bei uns...
Es folgten interessante Vorträge über die einzelnen Institute der Universität (insgesamt gibt es 4). Der allergrößte Teil der Dozenten an der Uni sind Dänen, entsprechend scheinen auch die Denkmuster zu sein. Einer von ihnen äußerte sogar nonchalant lächelnd, man könne Grönland ja eigentlich auch als Norddänemark bezeichnen, woraufhin ihn die einzige Grönländerin der Runde stark protestierte. In der Tat eine sehr uncharmante Äußerung in einer ehemaligen Kolonie, die nach Unabhängigkeit strebt.
Nach einer erbaulichen Kaffeepause, in der wir uns gut mit unseren sehr interessierten Gastgebern unterhielten, ging es weiter mit dem offiziellen Teil: Es wurden Verhandlungen über eine ERASMUS-Partnerschaft zwischen Nuuk und Berlin geführt und erfolgreich beendet. In Zukunft wird es möglich sein, als Austauschstudent nach Grönland zu gehen! Was folgte, war ein Mittagessen in der Mensa der Universität. Ein Erlebnis für sich! Die Mensa ist nämlich ausgestattet mit großen Panoramafenstern, durch die man einen hervorragenden Blick auf den Fjord hat. Es war schönes Wetter: Die Sonne ließ den kleinen Eisberg im Fjord leuchten und das Wasser glitzern. Ilisimatusarfik hat vermutlich die Mensa mit dem schönsten Ausblick der Welt. Während wir also die Aussicht genossen, gab es ein reichhaltiges Buffet und viele von uns probierten das erste Mal Walfleisch. Ich konnte mich dazu aber nicht durchringen, worüber ich zu einem späteren Zeitpunkt noch sehr glücklich sein sollte.
Nach dem Essen erhielten wir von einer freundlichen Norwegerin eine Führung durch die Unibibliothek. Sie sprach sehr klar und deutlich - was man von Dänen leider nicht behaupten kann ;( - sodass ich alles verstand und mich nach der starken Konzentration am Vormittag etwas entspannen konnte. Sie zeigte uns auch die Groenlandica, Grönlands Nationalbibliothek. Dazu führte sie uns in einen speziell klimatisierten Raum, in dem sich von jedem Buch, dass in Grönland oder auf grönländisch veröffentlicht wurde/wird 1-3 Exemplare befinden. Wenn man sich das vor Augen führt, ist es eine verhältnismäßig kleine Sammlung, die aber, wie uns versichert wurde, stetig wächst. Die Regale sind auf einer Art Schienensystem angebracht um Platz zu sparen. Wenn man ein bestimmtes Buch haben will, dreht man an einer Kurbel und öffnet so einen Gang zum entsprechenden Regal. Wir durften alle Bücher herausnehmen und anfassen. Besonders interessant waren die Bücher aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die von der Mission der "Heiden" auf Grönland berichteten. Wir stöberten so lange, dass wir zu unserem nächsten Tagesordnungspunkt beinahe zu spät kamen.
Dieser befand sich zum Glück im Nebengebäude der Uni, wo wir das Greenland Climate Research Centre besuchten. In einem modernen Energiesparhaus, welches den, der es betritt an eine Gletscherspalte erinnern soll, wird rund um Grönlands Flora und Fauna und natürlich auch um den Klimawandel geforscht. Leider habe ich von der Führung durch das Institut sehr wenig verstanden - dänisch halt ;)
Als nächstes wurden wir mit dem von der Uni bezahlten Taxi(!) zum anderen Ende der Stadt gefahren. Dort hatte uns einer der Dozenten zu einem Vortrag an der alten Missionsstation der Herrnhuter eingeladen. Die Herrnhuter sind eine Glaubensbewegung innerhalb der evangelischen Kirche. Zum Glück hatte man auch von der Missionsstation aus einen schönen Blick auf die Landschaft und den Fjord, denn unser Wissenschaftler hielt einen sehr langatmigen, selbstverliebten Vortrag ohne zu bemerken, dass aller Augen und Gedanken sich weit von ihm und der Mission entfernt hatten...
Nach diesem anstrengenden Tag unternahmen wir noch einen kleinen Spaziergang durch die Stadt und kauften für das Abendessen ein. Es dauerte dann allerdings fast zwei Stunden, bis unsere Spaghetti mit Rentierbolognese endlich auf dem Tisch standen. Offenbar hatte der Herd in unserer Unterkunft seine besten Tage schon hinter sich. Das Warten war eine Tortur, aber dafür schmeckte das fertige Gericht um so leckerer: Das Rentierhack gab der Soße ein sehr schönes würziges Aroma.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen