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Bålsta - das Ende? |
Der Morgen wird keineswegs so schlimm wie erwartet. Zwar stoße ich mir gehörig den Kopf, als ich beim Klingeln des Weckers hochschrecke, aber wenigstens bin ich jetzt wach. Bald darauf sind meine Mitbewohnerin und ich am Hauptbahnhof. Wir haben noch etwas Zeit, bis der Zug kommt und so beschließen wir noch einen Kaffee beim Pressbyrå zu holen. Natürlich bleibt es nicht dabei: Obwohl wir gefrühstückt haben, trägt jeder von uns auch ein Schokocroissant aus dem Laden. Auf dem Bahnsteig treffen wir uns wie geplant mit zwei meiner Studienkolleginnen und sitzen bald zufrieden im Zug. Unser Ziel ist Skokloster: Dort gibt es ein Schloss, das laut Reiseführer im Winter besonders romantisch ist. Dieses Wochenende findet dort zudem ein Weihnachtsmarkt statt. In Bålsta müssen wir umsteigen und fühlen uns schon hier als wären wir am Ende der Welt. Als wir dann aber im Bus sitzen und immer wieder verschneite Haltestellen passieren, die scheinbar mitten im Nirgendwo stehen, kommen wir uns noch einsamer vor.
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Die Kirche in Skokloster. |
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Das Schloss selbst. |
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Blick auf den Mälaren. |
Dann ist es soweit: Wir sind in Skokloster und es sieht wirklich wunderbar aus: Das hübsche Schlösschen steht mitten in einem Winterwunderland und es schneit immer weiter. Von der kleinen Anhöhe, auf der das Schloss steht, kann man auf den Mälaren schauen, der gerade dabei ist, zuzufrieren. Schon vor dem Schloss sind zwei Süßwarenstände aufgebaut. Es duftet nach gebrannten Mandeln. Im Schlosshof ist dann der eigentliche Markt: Hier werden Lebensmittel aus der Region, heimisches Kunsthandwerk und auch so mancher Nippes angeboten. Wir schlendern durch die Stände und bemitleiden die Marktfrauen und -männer. Schließlich sind ungefähr minus 8°C! Selbst uns, die wir an den Ständen vorbeibummeln, wird langsam aber sicher kalt. Daher beschließen wir, im Schlosscafé einzukehren. Dort ist es ziemlich voll, offenbar waren wir nicht die einzigen, die sich nach einem warmen Getränk sehnten. Wir haben Glück und finden einen guten Platz. Bald darauf hat jeder einen Snack und etwas warmes zu trinken. In meinem Fall gibt es weihnachtlich gewürzten Schokokuchen und einen Becher Glögg.
Wir verquatschen einiges an Zeit und sclhließlich ist es nur noch eine halbe Stunde bis zur Schlossführung. Die nutzen wir, um ein Stück runter zum Wasser zu gehen. Wir stapfen durch den hohen Schnee und machen unglaublich viele Fotos. Schließlich stehen wir am Ufer vor einem kleinen Steg. Ich setze zum Testen vorsichtig einen Fuß auf das Eis am Ufer, aber es beginnt schnell zu knacken und ich ziehe mich zurück. Kaum sind wir da, müssen wir uns auch schon auf den Rückweg machen, um die Führung nicht zu verpassen. Schließlich ist das unsere einzige Chance, das Schloss von innen zu sehen.
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Wir rasten lieber drinen . ;) |
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Überall liegt eine dicke Schneedecke. |
Wir schaffen es pünktlich zum Treffpunkt und begeben uns in die bisher verschlossenen Räume. Zwar hat der Zahn der Zeit an einigen Stellen schon ordentlich am Schloss genagt, aber doch ist es sehr schön erhalten. In den Fluren sind weise Sprüche in vielen Sprachen an die Wand gemalt. Wir finden sogar ein paar deutsche Zeilen. Beeindruckend ist auch die Waffensammlung des Schlosses. Hier findet sich allerlei Kriegstechnik aus dem 17. Jahrhundert. Außerdem gibt es einen nicht fertig gestellten Raum, in dem alle Werkzeuge und Techniken dieser Zeit erhalten sind: Als der Schlossherr starb, befürchteten die Handwerker, dass sie nicht mehr bezahlt würden und ließen alles stehen und liegen. Seither sind in dem Raum keine Veränderungen mehr vorgenommen worden. Heute rieselt an zwei Stellen der Schnee durch die Decke. Auch die herrschaftlichen Wohnräume sind einen Besuch wert. Wir erfahren, dass die Möbel nicht etwa alle an der Wand stehen, damit neuzeitliche Besucher ihnen keinen Schaden zufügen, sondern weil das im 17. Jahrhundert so üblich war. Man sparte - vor allem in den Repräsentationsräumen - Platz und rückte die Möbel dann bei Bedarf dorthin, wo man sie brauchte.
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Romantisch. |
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Das Ufer. |
Nach der Führung haben wir noch eine halbe Stunde, bevor der letzte Bus zurück fährt. Diese Zeit verbringen wir damit, uns die kleine Kirche neben dem Schloss anzusehen. Sie ist von innen sehr hübsch und die Wandverzierungen erinnern mich ein wenig an die Kirche in Kessin. Kurz bevor wir gehen müssen, wird in der Kirche sogar noch ein wenig gesungen. Schön!
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In der Kirche. |
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Auf unserer Fahrt zurück durch die Winterlandschaft beschließen wir, heut abend noch zu einem Konzert zu gehen: Ein Kollege meiner Mitbewohnerin hat mit seinem Chor einen Auftritt. Wir genehmigen uns ein Abendessen bei MAX (der schwedischen Variante von McDonald´s) und treffen dann rechtzeitig an der Filadelfiakyrkan ein. Dort sind wir überrascht, wie viele Leute dort sind und sich schon 20min vorher an den strategisch günstigen Eingängen zum Konzertsaal drängen. Wir bekommen durch unseren Kontakt deutlich billigere Karten und den Tip, wo wir am besten sitzen sollten. Alles klappt super und wir sitzen schließlich in der Loge direkt hinter dem Tontechniker - sowohl Sicht als auch Sound sind also perfekt. Das Konzert selber ist sehr schön: Die drei auftretenden Chöre singen toll und machen eine interessante Show. In der Pause bekommen wir sogar eine kleine Demo-CD in die Hand gedrückt.
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Beim Konzert. |
Nach dem Konzert sind wir dann aber alle etwas platt und machen uns schnurstracks auf nach Hause. Meine Mitbewohnerin und ich werden an der Bahnstation noch von einem alten Herren angesprochen. "Wollt ihr ein Starter-Kit?", fragt er uns. Natürlich haben wir keine Ahnung, wovon er redet. Unsere ratlosen Gesichter bringen ihn aber nur dazu, diese kryptische Frage noch dreimal zu wiederholen. Schließlich wedelt er mit einem Heftchen mit der selben Frage auf dem Cover - Werbung für eine Kirchgemeinschaft. Als wir dieses Angebot ablehnen, ist er sichtlich unzufrieden. Er grummelt vor sich hin, dass die jungen Leute sich ja heute nicht mehr konfirmieren würden und setzt sich zu uns auf die Bank. Zum Glück kommt unsere Bahn gleich.
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